Die Ausstellung Mall of Anonymous provoziert einen doppelten Zwiespalt, indem sie sowohl die unterminierten Bedingungen des Museums als auch die des Einkaufszentrums thematisiert. Derzeit sind Museen einer weit verbreiteten Kritik ausgesetzt, da sie als Repräsentationen autoritärer Mechanismen im Laufe der Geschichte oder als Institutionen gesehen werden, die obskure Abhängigkeiten mit Interessengruppen zulassen. Während das Einkaufszentrum im 20. Jahrhundert einen bedeutenden Teil des öffentlichen Raums einnahm, wird diese Form der Architektur allmählich obsolet, was zu dem Begriff “dead malls” („tote Einkaufszentren“) führte. Im Schinkel Pavillon werden beide Raumtypen miteinander verwoben und mit Shayne Olivers eigener Biografie aufgeladen.

Indem er die Gepflogenheiten der Welt der Mode und der zeitgenössischen Kunst – kanonische Laufstege, Einzelhandel und White Cube – verdrängt, greift Shayne Oliver diese Relikte auf, um einen neuen Raum zu schaffen. Wenn der Schinkel Pavillon zu einem Einkaufszentrum wird, wird die Obsoleszenz sichtbar. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. In der Museums- und Einzelhandelsapokalypse schafft die Mall of Anonymous ihre eigenen Raum. So wie ein Nachtclub Schutz vor den restriktiven Zwängen der Tageszeit bietet, wird der Schinkel Pavillon zum Kontrapunkt der Kunstwelt. Die Ausstellung wird als Einkaufszentrum entlarvt, und ein Endpunkt erreicht. Mit neuen Körpern, Musik, Tanz und Kostümen wird ein Neustart provoziert. Shayne Olivers gemeinschaftsorientierte Ausstellungspraxis ist eine, die simultan besetzt und überarbeitet. Von einem einjährigen Performance-Residency-Programm und einer Produktionsstätte im Luma Westbau in Zürich bis hin zu einem Versuch der Wiederbelebung des Einkaufszentrums im Schinkel Pavillon in Berlin schafft Mall of Anonymous neue temporäre Ausgangspunkte. Oder, wie Shayne Oliver selbst sagte: “Die Gentrifizierung lässt keinen physischen Raum für neue, einflussreiche Ideen, um zu existieren oder sich niederzulassen. Deshalb werden die Shayne Oliver Group und der Anonymous Club ein Ort sein, an dem diese Ideen ein Zuhause finden.”

Text: Fredi Fischli & Niels Olsen

Die Ausstellung ist gefördert vom Hauptstadtkulturfond (HKF). Shayne Oliver möchte Pornhub, Puma, sub & Niklas Bildstein Zaar danken.

Creative Director: Shayne Oliver
Kuratoren: Fredi Fischli & Niels Olsen
Projektleitung: Lina Louisa Krämer
Research Assistant: Samuel Staples
Praktikantinnen: Ella Křivánek, Nora Veismann

Creative Consulting: Affa Osman
Design Direction: Conor Paul
Set and Spatial Design: Emilia Margulies
Production: VERS

Commissioned Mall of Anonymous Film Series: Jason Miller (Mall Brats, American Dream Hyperlapse, Roosevelt Field Hyperlapse, 2023)

Spatial Representations: Chadha Ranch