Jon Rafman
Ɛցɾҽցօɾҽʂ and Grimoires
15. September 2022 – 22. Januar 2023
Eröffnung: 14. September 18:00

Mit Ɛցɾҽցօɾҽʂ & Grimoires präsentiert Jon Rafman (*1981 in Montreal) in der Klause des Schinkel Pavillons vier filmische Arbeiten der Jahre 2021 und 2022. Der Titel der Ausstellung leitet sich aus der Sprache der Magick von Aleister Crowley ab, in welcher ein Grimoire ein Zauberbuch ist und Egregore auf ein okkultes Konzept verweist, nach dem eine nicht-physische Entität, die aus dem kollektiven Unbewussten kommt, ein Eigenleben annimmt.

In Punctured Sky (2021) folgen Zuschauer*innen einem ehemaligen Gamer auf seiner destabilisierenden Suche nach einem alten Computerspiel, das spurlos verschwunden scheint, durch unheimliche Umgebungen. Der Film ähnelt einer so genannten Creepypasta, einer Horrorlegende, die modifiziert, kopiert und mit vagen oder anonymen Ursprüngen im Internet verbreitet wird. Punctured Sky berührt Fragen der zwischenmenschlichen Beziehungen, die Irrungen und Wirrungen der eigenen Erinnerung und die dynamische Psychologie eines isolierten, atomisierten Individuums.

Rafmans Video-Triptychon Ɛցɾҽցօɾҽ von 2021, das bislang vor allem in sozialen Medien zirkulierte, zeigt eine Sammlung sorgfältig kuratierter »found photograhies«, also fragmentiert weiterverwendeter Bildmaterialien,
die der Künstler digital animiert hat. Die »cursed images«, ein weiterer Terminus für Internetbilder, denen okkulte Wirkungen nachgesagt werden, verschmelzen und verwandeln sich in kakophonischen Permutationen. Mit Ɛցɾҽցօɾҽ gibt Rafman dem Chaos eine Form und bebildert seine Vorstellung des kollektiven Unbewussten des Internets und seiner Nutzer*innen. Ɛցɾҽցօɾҽ steht als Beispiel für Rafmans Methodik des Worl-Buildings,
bei der Meta-Erzählungen und Überlieferungen sich aus Rafmans riesigem Archiv von Netz-Fundstücken
heraus verselbständigen.

Der Film Minor Daemon: Vol. I (2022) erzählt die Geschichte der sich überschneidenden Schicksale der beiden Jugendlichen Billy und Minor Daemon in einer surrealen virtuellen Dystopie, die Rafman als »verzerrten Karnevalsspiegel unserer Welt« beschreibt. Billy (ein verhätschelter Privatschüler) und Minor Daemon (ein im Kinderarbeitslager aufgewachsenes Waisenkind) teilen eine außergewöhnliche Begabung für Virtual-Reality-Spiele. Betrachtende folgen ihrer dantischen Reise durch eine Gefangenschaft, aus der sie sich mithilfe ihres gemeinsamen Talents befreien könnten.

Jon Rafman ist ein in Kanada, Montreal und Los Angeles lebender Künstler und Filmemacher. Er wurde für seine multimediale Praxis bekannt, die Video, Animation, Fotografie, Skulptur und Installation umfasst. Seine World-Buildings, Online-Subkulturen und Fantasiewelten speisen sich aus den dunkleren Zonen des Internets und erforschen, welche Auswirkungen auf die menschliche Psyche die Doppelnatur des Webs hat, die von Gemeinschaftsgefühl blitzartig zu totaler Entfremdung kippen kann.

Mit besonderem Dank an Sprüth Magers für die Unterstützung.