HIGH-RISE BERLIN
CONTACT-LESS | STUDIO VISITS | DRONE-LED
20. November 2020 – 15. Mai 2021
Eröffnung: 20. November 00:00

»This was an environment built, not for man, but for man’s absence.« ― J.G. Ballard, High-Rise

In einer Zeit, in der Studio Visits undenkbar sind, werfen wir mit HIGH-RISE BERLIN einen flüchtigen Blick in die Produktionsstätten ausgewählter Berliner Künstler*innen. Durch die Virus-resistente Linse einer Drohne berichten uns die Künstler*innen von ihren Erfahrungen während des Lockdowns und erzählen, was sie inspiriert und bewegt.

Mit HIGH-RISE BERLIN reagiert der Schinkel Pavillon auf den Verlust von Gemeinschaft, Körperlichkeit und Nähe ausgelöst durch die Erfahrung einer globalen Pandemie. Inspiriert von J. G. Ballards Roman High-Rise, der anhand eines nach gesellschaftlicher Hierarchie geordneten Hochhauses die Dystopie einer gänzlich entsolidarisierten Gesellschaft entwirft, will die digitale Serie einen Ort für Dialog und künstlerischen Austausch schaffen, der ungeachtet von physischen Einschränkungen fortbestehen kann.

Konzept von Malina Heinemann und Schinkel Pavillon
Kuratorische Beratung von Agnes Gryczkowska
 

Studio Visit #1 – Simon Denny:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow für Schinkel Pavillon
Minecraft footage und Architektur von Mythical Institution/ Jan Berger

Zum Auftakt von HIGH-RISE BERLIN besuchen wir Simon Denny in seiner Wohnung im 18. Stockwerk eines Hochhauses in Berlin Mitte. Dennys künstlerische Praxis umfasst Installation, Skulptur, Druck und Videoarbeiten. In seinen Ausstellungen enthüllt er die sozialen und politischen Implikationen einer expansiven Tech-Industrie und ihre Verknüpfungen mit Sozialen Medien, Startup-Kultur und Krypto-Währungen. Die Videoaufnahmen von HIGH-RISE BERLIN zeigen Denny bei der Arbeit an Mine, seiner Ausstellung im K21, Düsseldorf, die derzeit aufgrund der Covid-19 Maßnahmen geschlossen und nur online zugänglich ist.
 

Studio Visit #2 – Ahmet Öğüt:

Featured works: Ahmet Öğüt, Let’s imagine you steal this poster, 2016 und Goshka Macuga, Karl Marx, 2016, Skulptur mit Pflanze
Kamera: Joseph Kadow
Postproduktion: Ahmet Öğüt und Joseph Kadow
Soundtrack: Ahmet Öğüt & Fino Blendax, Armoured, 2015, 4:04

Wir begleiten Ahmet Ögüt auf seinem Weg von seiner Wohnung im Norden der Stadt zu seinem Lager in Süd-Berlin. Öğüts künstlerische Praxis umfasst Video, Photographie, Installation, Zeichnung und Druck. Geschickt enthüllt Öğüt in seinem charakteristischen, ironisch-humorvollen Stil Machtstrategien und soziale Strukturen. Dabei greift er Diskurse um Identität, Selbstbestimmung und sinnstiftendes Verantwortungsgefühl gegenüber der Gesellschaft auf. Mit präzisem Auge reflektiert Öğüt  vergessene Narrative, die durch die dominante Stimme westlicher Geschichtsschreibung zum Schweigen gebracht werden. Für HIGH-RISE BERLIN inszeniert Öğüt eigene Arbeiten und lädt uns so auf eine Zeitreise durch sein Werk ein.
 

Studio Visit #3 – Marianna Simnett:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow für Schinkel Pavillon

In installativen, skulpturalen und filmischen Arbeiten verwebt  Marianna Simnett hypnotische Fantasien, extatische Tierwelten und traumatische Erinnerungen und geht dabei Fragen nach Identität, Krankheit und Metamorphosen des (weiblichen) Körpers nach, die sie auf patriarchale, ökonomische und pharmakologische Machtstrukturen hin untersucht.
 

Studio Visit #4 – Billy Bultheel:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Sound von Billy Bultheel, Alexander Iezzi und Steve Katona

Unsere Drohne späht in das verdunkelte Studio von Billy Bultheel, wo wir einer Probe seiner ergreifend, sensiblen Komposition »The Minutes of Olomouc«  beiwohnen, die von drei Performer*innen und dem pulsartigen Licht ihrer irrenden Taschenlampen begleitet wird. Bultheel ist ein belgischer Komponist und Permance Künstler, der sich zeitgenössischer, algorythmisch produzierter Musik widmet. Seine Praxis verwebt Ideen der Polyphonie und Resonanz und geht aus von Renaissance Ars Nova und Ars Subitiliot. Seit 2012 arbeitet Bultheel unter anderem als Komponist und Performer mit Anne Imhof zusammen.
 

Studio Visit #5 – Malakoff Kowalski:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Sound von Malakoff Kowalski

Malakoff Kowalski ist ein deutsch-amerikanisch-persischer Musiker und Komponist, der seit 2007 in Berlin lebt und arbeitet. Mit seinem neuesten Album Onomatopoetika lässt er einen musikalischen Äther jenseits unserer reizüberfluteten Gegenwart entstehen. Für HIGH-RISE Berlin nimmt der Musiker unsere Drohne mit auf einen Spaziergang über den Friedhof, zwischen dessen sanften Hügeln er eine Stille fand, in der Nichts als Inspiration widerhallt.
 

Studio Visit #6 – Asad Raza:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow

Asad Raza arbeitet als Künstler, Produzent, Dramaturg und Kurator und erforscht in seiner Praxis neue Formen künstlerischen Arbeitens und Kollaborierens. Dabei untersucht er nicht nur die Dynamiken künstlerischer Zusammenarbeit, sondern adressiert brennende gesellschaftspolitische Diskurse unserer Gegenwart. Razas künstlerische Arbeiten ereignen sich als partizipative Erfahrungsräume, in denen menschliche mit nicht-menschliche Lebewesen und Objekte in Verbindung treten. Für High-Rise Berlin öffnet uns Alma, seine Tochter, die Wohnungstür hinter der kindliche und künstlerische zu einer kreativen Welt verschmelzen.
 

Studio Visit #7 – Raphaela Vogel:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Sound von Raphaela Vogel und Malina Heinemann

»In überspannten Szenarien trete ich der Welt gegenüber« erzählt die Künstlerin Raphaela Vogel, die auf Schritt und Tritt von dem Königspudel Rollo begleitet wird. Vogels künstlerische Praxis umfasst und verbindet Video, Installation, Skulptur und gefundene Objekte zu einem mitreißenden Spektakel. Ihre Arbeit inszeniert energetische Räume und fantastische Welten, die sich scharfsinnig und geschickt um zeitgenössische Kritik an der menschlichen, und insbesondere der weiblichen, Realität entfalten.
 

Studio Visit #8 – Jimmy Robert:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Voiveover von Jimmy Robert

Mit Performance, Fotografie, Film und Installation erforscht und befragt Jimmy Robert die transformative Kraft performativer Prozesse. Über die Aufarbeitung und Umcodierung tradierter Formen der Performancekunst, wirft der Künstler Fragen nach Identität und Repräsentation auf und entblößt den menschlichen Körper als Projektionsfläche historisch gewachsener Dispositive. Dabei stehen nicht zuletzt rassistische wie genderspezifische Lesarten im Fokus, die Robert mittels zusätzlicher Bezüge aus Literatur, Kunst und Musik sicht- und streitbar macht.
 

Studio Visit #9 – Karl Holmqvist:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Voiceover von Karl Holmqvist

Mit Installationen, Drucken, Videos und Lesungen dechiffriert Karl Holmqvist Text in skulpturales und performatives Material. Seine Arbeiten kreuzen, verkanten und umschlingen rezitierte Phrasen aus Popkultur, Kunstgeschichte und Literatur. Über hypnotischen und ironischen Gesten positioniert Holmqvist Sprache in einem monadenartigen Spannungsfeld, in dem Mehrdeutigkeit jeden einzelnen Buchstaben bis ins Mark durchdringt.
 

Studio Visit #10 – Henrike Naumann:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Videoausschnitte von Henrike Naumann
Voiceover von Henrike Naumann

Auf der Ebene von Design und Interieur reflektiert Henrike Naumann gesellschaftspolitische Konfliktzonen und erkundet das Reibungsverhältnis gegensätzlicher politischer Meinungen, die sich in Stilen, Geschmack und Alltagsästhetik manifestieren. In Ostdeutschland aufgewachsen, erlebte Henrike Naumann in den 90er Jahren die rechtsextreme Ideologie als dominante Jugendkultur – in ihrer künstlerischen Praxis wirft sie Fragen nach Mechanismen der Radikalisierung auf, deren Entwicklung sie ausgehend von eigenen Erfahrungen nachgeht.
In einem Moment, in dem Ausstellungen aufgrund der Covid-19 Pandemie kontinuierlich verschoben werden  transformiert Naumann einen Raum ihres Studios zu einem Showroom, dessen räumliches Konzept das ausarbeiten charakteristischer Arrangements aus Möbeln und Objekten in immersive Installationen der Künstlerin fortbestehen lässt. Für HIGH-RISE BERLIN präsentiert Naumann Evolution Chemnitz (2020), das im Rahmen des Chemnitzer Ausstellungsprojektes Gegenwarten entstanden ist, und lässt hundert Jahre Stadtgeschichte auf flimmernden Röhrenfernsehern und gesammelten Gegenständen der Chemnitzer Umgebung aufleben.
 

Studio Visit #11 – Julian-Jakob Kneer:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Sound von Julian-Jakob Kneer und Emma Czerny

Julian-Jakob Kneer decodiert gesellschaftliche Zeichen auf ihr historisches Erbe und
systematische Konstruktion hin. Vorbewusste Dualismen wie »richtig«/»falsch« oder
»krank«/»gesund« transformiert der Künstler in verschiedene Ebenen vermeintlicher
Devianzen, jenseits einer bürgerlich-normativen oder klinischen Perspektive. Durch
die Ambivalenz, die Kneer in seiner künstlerischen Praxis kreiert, entsteht einerseits
die Möglichkeit simultaner Empfindungen von scheinbar entgegengesetzter Gefühle,
wie Ekel und Begierde, und andererseits das Erleben der Welt – mit all ihren akuten
Konflikten – als Spannungsfeld hinter den Grenzen binärer Begriffe.
 

Studio Visit #12 – Lucrecia Dalt:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Voice & Audio recorded and performed by Lucretia Dalt

Die künstlerische Praxis von Lukrezia Dalt entfaltet sich jenseits der rigiden Definitionen künstlerischer Disziplinen. Dort, wo Naturwissenschaft, Fiktion, Poesie, Philosophie mit elektronischer Musik transgressive Allianzen eingehen, schöpft Dalt aus ihrem akademischen Hintergrund als Geologin und aus ihrer empfindsamen Hinwendung zu mystischem Welterleben, wie im Aufgreifen traditioneller Volksmärchen oder telepathischer Kompositionspraktiken, Inspiration. Auf diesem Nährboden produziert die Künstlerin tiefschürfende Narrative, die ihre Studioalben und Live-Performances erfüllen.
 

Studio Visit #13 – Isabel Lewis:

Kamera und Postproduktion von Joseph Kadow
Voiceover von Isabel Lewis

Im Zentrum der künstlerischen Praxis von Isabel Lewis stehen experimentelle und kollaborative Dynamiken und Begegnungen mit ihrem Publikum, die in »hosted occasions«, »open spaces«, »occurrences«, »arrangements«, »activations« »expanded viewings«, »sensory parcours«, oder (lecture) Performances, Tanz und Soundinstallationen Form finden. Feinfühlig und scharfsinnig spürt sie diverse Sensibilitäten menschlicher und nicht-menschlicher Erfahrung nach, die sie in empfindsame Gesten übersetzt und mit theoretischen Diskurse aus Literatur, Philosophie und aktueller Forschung befragt und anreichert.