Anna Uddenberg
FAKE-ESTATE
15. September 2022 – 22. Januar 2023
Eröffnung: 14. September 18:00

Mit FAKE-ESTATE zeigt der Schinkel Pavillon die erste institutionelle Einzelausstellung der schwedischen Künstlerin Anna Uddenberg (*1982) in Berlin. Für den verglasten Ausstellungsraum im Obergeschoss hat Uddenberg eine neue Werkreihe »benutzbarer« Skulpturen entwickelt, die sich lose im Raum gruppieren. An den Wochenenden werden die Skulpturen von athletischen Performer*innen in körperbetonter, infantiler Kleidung aktiviert, die sich posenhaft in den Skulpturen bewegen. Die Performances erweitern Uddenbergs künstlerische Annäherung an die Frage, wie Objekte durch ihre Funktionsweise Kontrolle über Subjekte, die sie benutzen, erlangen.

In einer endlosen Feedbackschleife pendeln die Bezugspunkte zwischen Skulpturen und Performer*innen von »Benutzen« zu »Benutzt-werden«, zwischen Beherrschen und Unterwerfen. In Anlehnung an masochistische Praktiken, in denen der Körper willentlich zur Demütigung freigegeben wird, produziert FAKE-ESTATE Kollisionsmomente um Fragen nach Eigentum und verhandelt dabei die Grenzen zwischen freiem Willen und Kontrolle. Wem gehören unsere Körper, unser Geist, unsere Daten? Die Posen der Performer*innen, als Zustand gedankenlosen Flows ausgeführt, werden dabei zu Stellvertretern unserer Verhaltensweisen, in denen wir täglich Kontrolle an benutzerfreundliche Technologien, Algorithmen und Werbung abgeben. Inspiriert von der Kink-Subkultur Praktik Autonepiophilie (adultes Babysyndrom) zeugen die Outfits der Performer*innen von dem Wunsch, in einen unterwürfigen, kindlichen Zustand zurückzukehren.

Mit ihrem multimedialen Werkkomplex zitiert die Künstlerin gleichermaßen symbolisch wie materiell die unmittelbare Umgebung des Schinkel Pavillons. Die in den letzten Jahren rasant entstandenen, historisierenden Fassadenbauten haben das Areal der südlichen Museumsinsel in eine Kulisse verwandelt. Eklektisch fügen sich die zumeist als Anlageimmobilien genutzten Gebäude zu einem vermeintlich romantisierten Bild von Berlin zusammen, das kaum noch Bezugspunkte zur sozio-ökonomischen Realität der Stadt aufweist. Die Skulpturen, deren Oberflächen im 3D-Druckverfahren Materialien der Fassaden imitieren – gebürsteter Edelstahl, Rattan, Lochblech oder Holzfurnier – werden auf diese Weise selbst zum »Fake« ihrer eigenen Materialität. Der Blick hinaus aus FAKE-ESTATE in die kontroverse Umgebung wird zur Bühne für Anna Uddenberg’s Ausstellung, in der die Performer*innen ihr ultimatives Eigentum, ihre körperliche Autonomie und ihr Selbst aufgeben.

Performer*innen: Arad Inbar, Nele Ruckelshausen, Jona Oomen, Vince Yong Shen Deng, Ricardo and Rodrigo Sommer, Mark Willy Kellerman and Sally Von Rosen

Im Rahmen der Berlin Art Week. Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
Besonderer Dank an Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin.